Kulturimpuls Sprache
Einblicke in Bauprinzip und Wesen der Sprache
„Kulturimpuls Sprachgestaltung“
Rudolf Steiners Kurs, ganz besonders sein gedichtetes Wort sind die größte Aufforderung, Sprachkunst immer weiter zu entwickeln. Wie große Regisseure ihr Ensemble finden (man denke an Peter Brook oder Ariane Mnouchkine), so hat Marie Steiner in über 20 Jahren mit Ihrem Ensemble Grosses verwirklicht und einen Stil geschaffen, der ihre Arbeit auszeichnet. Doch liegt ein großes Missverständnis vor, wenn Sprachgestaltung nur an dieser außerordentlichen Blütezeit gemessen wird. Erstens weiß heute niemand mehr genau, wie diese Aufführungen wirklich waren. Zweitens war es Marie Steiner, die ihr Ensemble geprägt hat, also schauen wir auf eine besondere Schicksalsgemeinschaft der Pionier-Generation hin.
Diese Situation ist nicht wiederhol- oder tradierbar. Drittens haben die Menschen heute eine ganz andere Konstitution. Dennoch ist der ursprüngliche Impuls der Sprachgestaltung und mit ihr der Schauspielkunst weit für die Zukunft veranlagt. Anthroposophie braucht – genauso wie eine Verlebendigung des Denkens – ein bewusstes Umgehen mit Sprachkräften. Folgende Schwerpunkte stellen wir in den Mittelpunkt: Förderung von künstlerischen Projekten (Lesung, Schauspiel, Projekte mit Eurythmie).
Ausbildung, Weiterbildung in Sprachgestaltung und Schauspiel. Kurse beispielsweise für Redner und Pädagogen. Internationale Zusammenarbeit mit Bühnenkünstlern in Sprachgestaltung und Schauspiel. Zusammenarbeit mit Eurythmie-Ensembles.
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Gab es eine Ursprache?
Wie entstanden die vielfältigsten Sprachen weltweit?
Spricht auch der Laut zu uns?
Anthroposophie und Sprachwissenschaft
Erkenntnisse der Bildekräfte der Sprache, des Geistes in der Sprache, der Sprache des Geistes
Oliver Heinl, Juli 2015
Einblicke in Bauprinzip und Wesen der Sprache
Werden und Wandel der Worte in einer geisteswissenschaftlichen Betrachtung
–Einleitung
Was möchte ich heute nicht? Ich möchte heute nichts beweisen, ich bin nicht hier, um irgendwelche Dogmen aufzustellen oder um Menschen, seien es konventionell forschende Wissenschaftler oder alternative Wahrheitssucher, in irgendeiner Art und Weise zu kritisieren, über sie zu urteilen oder sie schlechtzureden. Was ich stattdessen tun möchte ist, dem Leser einen Einblick in meine Untersuchungen zu geben, zur Deutung von Begriffen, von Worten, das heißt, ich werde einen Einblick in das Wesen der Worte und der Sprachen geben.
Wir werden heute Urmotive oder auch Baumotive der Sprache anschauen, welche sich wie ein roter Faden durch den Aufsatz ziehen werden. Dabei möchte ich hinweisen auf etwas, was meiner Meinung nach bisher in den üblichen Untersuchungen der Sprachforscher übersehen oder bewusst gemieden wurde. Ich möchte aufzeigen was fehlt, was folglich fehlerhaft ist, ohne dies jedoch werten zu wollen. Fehler machen ist im Grunde genommen nicht schlimm, Fehler zeigen lediglich an, dass etwas fehlt. Es fehlt etwas zum Vervollständigen einer Sache, einer Beobachtung oder einer Behauptung. Deshalb ist etwas fehlerhaft und bildet demnach nicht die Wirklichkeit ab.
Warum geisteswissenschaftliche Betrachtung?
Geisteswissenschaftlich deshalb, weil ich nicht nur materielles Leben und Erleben zählen lasse, sondern weil ich die Realität des Geistigen unabhängig von Gegenständlichem vollgültig anerkenne als wesentlichen, als ursächlich wirkenden Teil der Ganzheit. Geisteswissenschaftlich bezieht sich hier also nicht auf das abstrakte Wissenschaftsfeld der „Geisteswissenschaften“.
Ich spreche vielmehr konkret vom Geistigen, als von etwas nicht Materiellem, wie es beispielsweise das sinnlichkeitsfreie Denken darstellt. Sinnlichkeitsfrei meint, Gedankenkonstrukte zu durchdenken, zu ermessen, welche sich nicht an Sinneseindrücken der Außenwelt orientieren oder ihren Inhalt aus den Eindrücken der Außenwelt allein ziehen.
Mein Ziel ist es, anhand der naturwissenschaftlichen Methode aufzuzeigen, dass eben genau diese für sich genommen nicht ausreicht, um ein volles Bild der Wirklichkeit zu erhalten. Vielmehr ist es notwendig, mitsagen wir künstlerischem Gespür dasjenige zu entwickeln, was verborgen zu sein scheint.
Ich hoffe dass der Leser sich dazu heute in die folgenden Gedankengänge hineindenken und auch hineinfühlen wird können…
hier weiter
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Rudolf Steiner:
Auf dem Wege, wodurch das, was wir innerlich in der Seele als Wahrheit wirklich erleben, zur Sprache wird, stumpft es sich bereits ab. Es ertötet sich in der Sprache noch nicht vollständig, aber es stumpft sich bereits ab. Und der, der die Sprache kennt, der weiß,
daß nichts anderes als die Eigennamen, die nur ein Ding immer bezeichnen, rechte Bezeichnungen für dieses Ding sind. Sobald wir generalisierte Namen haben, seien sie Haupt- oder Zeit- oder Eigenschaftswörter, sprechen wir nicht mehr voll die Wahrheit. Da be-
steht dann die Wahrheit darinnen, daß wir uns dessen bewußt sind, daß wir im Grunde genommen mit jedem Satze von der Wahrheit abweichen müssen.
Geisteswissenschaftlich versucht man aufzuerstehen aus diesem Geständnis: Mit jeder Behauptung sagst du die Unwahrheit -, indem man in einer gewissen Weise vorgeht, die ich Ihnen öfter charakterisiert habe. Ich habe Ihnen öfter gesagt:
Nicht so sehr auf das kommt es an in der Geisteswissenschaft, was gesagt wird – denn das würde ebensosehr diesem Ohnmachtsurteil verfallen -, sondern darauf kommt es an, wie es gesagt wird.
– Versuchen Sie einmal zu verfolgen – Sie können das auch in meinen Schriften tun -, wie eine jede Sache von den verschiedensten Gesichtspunkten aus charakterisiert wird, wie immer versucht wird, ein Ding von der einen Seite und von der anderen Seite zu charakterisieren. Nur dann kann man sich nähern den Dingen.
Derjenige, der nämlich glaubt, daß die Worte selbst etwas anderes sind als eine Eurythmie, der irrt sich gar sehr. Die Worte sind nur eine vom Kehlkopf ausgeführte, von der Luft mitbewirkte Eurythmie. Sie sind bloß Gebärden, nur daß sie nicht mit den Händen und mit den Füßen gemacht werden, die Gebärden, sondern daß sie mit dem Kehlkopf gemacht werden.
Wir müssen uns bewußt werden, daß wir nur hindeuten auf irgend etwas, und daß wir nur dann ein richtiges Verhältnis zur Wahrheit gewinnen, wenn wir in dem Worte Hindeutungen auf dasjenige sehen, was wir ausdrücken wollen, und wenn wir als Menschen so miteinander leben, daß wir uns bewußt sind, daß in den Worten Hindeutungen leben. Darauf will unter anderem auch die Eurythmie weisen, die den ganzen Menschen zum Kehlkopf macht, das heißt, durch den ganzen Menschen das ausdrückt, was sonst nur der Kehlkopf ausdrückt, damit die Menschen wiederum verspüren, daß auch, wenn sie die Lautsprache sprechen, sie nur Gebärden machen.
Ich sage «Vater», ich sage «Mutter»: Wenn ich alles generalisieren werde, so kann ich mich nur dann wahrhaftig ausdrücken, wenn der andere sich mit mir zusammen im sozialen Element eingelebt hat in diese Dinge, wenn er die Gebärde versteht. Wir erstehen nur dann aus der Ohnmacht, die wir schon der Sprache gegenüber empfinden können, wir feiern daraus die Auferstehung, wenn wir verstehen, daß, indem wir den Mund aufmachen, wir bereits christlich sein müssen.
Dasjenige, was geworden ist aus dem Worte, aus dem Logos im Laufe der Entwickelung, es ist nur dann zu verstehen, wenn der Logos wiederum mit dem Christus verbunden wird, wenn wir uns bewußt werden: Unser Leib, indem er das Werkzeug des Aussprechens wird, zwingt die Wahrheit herunter, so daß sie teilweise erstirbt auf unseren Lippen, und wir beleben sie wiederum in Christo, wenn wir uns bewußt werden, daß wir sie vergeistigen müssen, das heißt, den Geist mitdenken, nicht die Sprache als solche hinnehmen, sondern den Geist mitdenken.
– Das müssen wir lernen, meine lieben Freunde.
GA 182, S.184
Die Flügel des Wortes:
„Wir modernen Menschen müssen genau unterscheiden zwischen dem Begriff und dem Worte. Es würde nur zum Unheil in der menschlichen Besonnenheit führen, wenn wir nicht genau unterscheiden würden zwischen dem, was im abstrakten Verstande innerlich lebt, und dem, was im Worte lebt. Der abstrakte Verstand ist ja auch universell, allgemein menschlich.
Das Wort lebt in den einzelnen Volkssprachen. Wir können schon unterscheiden zwischen dem, was da lebt im Begriffe, in der Idee und im Worte. Will man das, was uns von den Griechen rein historisch vorliegt, richtig verstehen, so kommt man nicht zurecht, wenn man den Griechen diesen selben Unterschied zuschreibt, wie wir ihn entwickeln im Unterscheiden zwischen Begriff und Wort.
Die Griechen unterschieden nicht mit derselben Stärke Begriff, Idee und Wort. Wenn sie sprachen, lebte für sie das, was in der Idee lebt, auf den Flügeln des Wortes. Sie glaubten in das Wort hineinzulegen den Begriff. Wenn sie dachten, dachten sie nicht in einer abstrakten, intellektualistischen Weise wie wir. Es ging durch ihre Seele etwas wie der allerdings unhörbare, aber doch Laut des Wortes.
Es klang unhörbar in ihnen. Das Wort lebte, nicht der abstrakte Begriff. In der Zeit, in der man es als unnatürlich empfunden hätte, einen gewissen Teil der Jugend seelisch so heranzubilden, wie wir unsere Jugend heranbilden, konnte das eben anders sein. Es ist ja außerordentlich charakteristisch für unsere Kultur und Zivilisation, obwohl wir es gewöhnlich nicht beachten, dass ein großer Teil unserer Jugend vom zehnten bis zum achtzehnten Lebensjahr sich damit beschäftigt, sich einzuleben in das Lateinische, in das Griechische, in abgelebte Sprachen.
Man stelle sich vor, dass ein Grieche in seiner Jugend so hätte gebildet werden sollen, dass er meinetwillen sich in dieser Weise ins Ägyptische und Chaldäische eingelebt hätte. Undenkbar, nicht wahr, ganz undenkbar! Der Grieche lebte eben in seiner Sprache nicht nur mit seinem Denken, sondern die Sprache war ihm das Denken. In der Sprache selber verkörperte sich das Denken.
Das mag man eine Beschränktheit des griechischen Wesens nennen, aber es ist eben eine Tatsache. Und ein richtiges Verständnis dessen, was uns vom Griechentum vorliegt, kann nur das sein, was uns dieses enge Gebundensein des Begriffes, der Idee an das Wort vergegenwärtigt und was uns zeigt, wie das Wort wie ein innerlicher, unhörbarer Klang in der Seele des Griechen lebte. […]
Wenn man so im Worte lebt wie der Grieche, dann kann man nicht die Ergebnisse von Experimenten so berechnen, wie wir das heute tun, aber man beobachtet die Verwandlungen in der Natur. Man beobachtet dasjenige, was sich nun nicht in der mineralischen, sondern was sich vorzugsweise in der pflanzlichen Welt vollzieht. Ebenso wie zwischen dem abstrakten Begriff und dem Auffassen der mineralischen Welt eine Art Affinität besteht, so besteht zwischen der griechischen Stellung zum Worte und dem Auffassen des Wachsens, Lebens, des Sich-Verwandelns im Lebendigen eine Affinität. […]
Geht man noch weiter zurück, dann kommt man darauf, dass eine Anschauung Bedeutung für einen gewinnt, die verschiedene Leute gehabt haben, die ganz besonders kräftig Herder, wie in einer bedeutsamen Ahnung, geäußert, aber durchaus nicht irgendwie wissenschaftlich durchgeführt hat. Es ist die Anschauung, dass jener Zeit, in der die Kulturmenschheit im Worte lebte, eine andere voranging, in der sie im Bilde lebte.
Aber wie lebt man mit der Sprache zum Beispiel und mit dem innerlichen Seelenleben, das sich in der Sprache offenbart, im Bilde? Dann lebt man im Bilde, wenn es einem nicht mehr so stark auf den Inhalt des Lautes ankommt, auf dasjenige, womit gewissermaßen der Laut tingiert ist, sondern wenn es einem ankommt auf den Rhythmus des Lautes, wenn es einem ankommt auf das, was ich nennen möchte die Gestaltung des Lautes, auf das, was wir heute eigentlich wie ein selbständiges Element empfinden gegenüber der Sprache, auf das Poetische der Sprache.
Heute muss der Dichter die Sprache erst künstlerisch gestalten, wenn Kunst, wenn Dichtung entstehen soll. Aber wir blicken zurück auf eine Zeit, wo es der Menschennatur elementar selbstverständlich war, die Sprache poetisch zu gestalten, wo gewissermaßen Sprache und Theorieentwickeln noch nicht so getrennt waren wie später, wo die Menschen noch etwas darin sahen, folgen zu lassen eine kurze Silbe einer langen, zwei kurze Silben einer langen, wo sie etwas darin sahen, Reihen von kurzen Silben hintereinander zu sagen. In dieser Gestaltung der Sprache offenbarte sich für sie etwas von den Weltengeheimnissen, was sich nicht offenbart, wenn wir das Tingierte, das Inhaltliche des Lautes nehmen. […]
So dass wir gewissermaßen drei Epochen vor unserer Seele hätten: die Epoche, die etwa im 15. Jahrhundert beginnt, die ich den Galileismus nennen möchte, die innerlich intellektuell lebt, äußerlich die Welt nach Maß, Zahl und Gewicht anschaut.
Und eine frühere Epoche, nach der sich Goethe gesehnt hat, nach der er sein ganzes nachitalienisches Leben innerlich seelisch eingerichtet hat, wo der Mensch lebte im ungetrennten Einessein von Wort und Begriff, wo er nicht einen Intellektualismus, sondern ein beseeltes Innenleben entwickelte, und wo er äußerlich dasjenige beobachtete, was Lebendiges ist, was sich verwandelt, was in der Metamorphose lebt.
Und nun blicken wir zurück auf eine dritte Epoche, wo die menschliche Seelenverfassung in etwas Übersprachlichem lebte, in etwas, was bildhaft die Laute gestaltete. Das aber, was so noch hinter dem Laute mit der Seele wie durch einen beseelten Instinkt lebt, das nimmt auch im Äußeren etwas anderes wahr. Wie gesagt, Historisches weist uns durchaus nicht darauf hin; der Historiker kann das nur ahnen. Anthroposophische Geisteswissenschaft kann das durchaus durchschauen.
Es ist das, was das imaginative Element der Sprache ist, das instinktiv Imaginative, was dem Worteerleben vorangeht. Und durch dieses imaginative Erleben wird nun tatsächlich ein noch Höheres in der äußeren Natur erlebt, als erlebt werden kann durch das Wort oder durch den Begriff. […]
Es ist durchaus begründet, wenn man sich sagt: Das orientalische Mitleid drückt ein verflossenes Urphänomen des Seelenlebens aus, das sich bekundet im innerlichen Miterleben desjenigen, was empfindet, was selber innerlich lebt, was nicht nur wie die Pflanze in der Verwandlung lebt, was nicht nur entsteht und vergeht, was das Entstehen und Vergehen in der innerlichen Empfindung miterlebt.
Dieses Miterleben der objektiv lebendigen Empfindung des andern, das ist eigentlich nur möglich, wenn man jenseits von Begriff und jenseits von Laut oder inhaltlichem Worte sich erhebt zu dem, was in der imaginativen Sprachgestaltung lebt. Man lebt nach das äußere Leben der Pflanze, wenn einem das Wort so lebendig ist, wie es dem Griechen lebendig war. Man lebt nach die andere Empfindung, man lebt nach das, was in dem nicht nur Lebendigen, sondern in dem Empfindenden liegt, wenn man eine innere Empfänglichkeit hat nicht nur für die Sprache, sondern für die künstlerische Sprachgestaltung.
Daher ist es ein so Großes, wenn einmal mythisch dichtend hingewiesen wird auf dieses Urphänomen des Seelenlebens, wenn uns zum Beispiel von Siegfried erzählt wird, dass es einen Moment für ihn gab, wo er die Stimme der Vögel verstand, die es nicht bis zum menschlichen Worte bringen, die es nur bringen bis zu der Gestaltung von Lautzusammenhängen. Aber was uns wie eine Quelle des inneren Lebens an die Oberfläche plätschert in dem Gesang der Vögel, der Stimme der Vögel, das lebt ja in allem Lebendigen.
Das ist es aber gerade in allem Lebendigen, was wir nicht nachleben können, wenn wir bloß dem Worte zuhören, was das Lebendige einsperrt in sein innerliches Seelenkämmerchen.
Denn wenn wir dem Worte zuhören, dann hören wir, was der Kopf des andern erlebt. Wenn wir aber das innerlich erfassen, was von Silbe zu Silbe, von Wort zu Wort, von Satz zu Satz in der imaginativen Sprachgestaltung lebt, dann erfassen wir nicht bloß das, was im Kopfe, sondern das, was namentlich im Gemüte des andern Menschen lebt.
Wenn wir hören auf das, was uns der Mensch in Worten vorspricht, hören wir, wie fähig er ist; wenn wir aber hören können auf seinen Wortklang, auf seinen Wortrhythmus, auf seine Wortgestaltung, dann hören wir den ganzen Menschen. Und wie wir den ganzen Menschen hören, so gelangen wir – wenn wir uns aufschwingen zu dem Erfassen des begrifflosen, wortlosen Lautgestaltens, das nun auch nicht selber gehört wird, das innerlich erlebt wird – zum Erfassen desjenigen, was die Empfindung objektiv innerlich erlebt.
Und indem wir wiederum uns so hineinfinden in eine ganz andere Seelenverfassung, wo das Lautesprechen nebenherging, wo aber die Seele lebte im Rhythmus, im Takt, in dem melodiösen Thema, wo das ein Lebendiges im Seelenerleben war, da kommen wir in eine Zeitepoche zurück, die jenseits des Griechischen nach dem Altertum zu liegt; da kommen wir zurück in jene Epoche, wo die Menschen aufstiegen vom Erfassen der bloßen Metamorphose im Lebendigen zu dem Erfassen von dem, was in der Tierheit, was in der empfindenden Welt lebt, zu dem unmittelbaren Anschauen dessen, was in der empfindenden Welt lebt.“
Rudolf Steiner in der GA 206, S. 174 f.
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„Sehen Sie, die Sprachorgane selber – gewiss, man soll im Bewusstsein Aufklärung über sie haben, aber beim eigentlichen Sich-Hinerziehen zur Sprachgestaltung soll man eigentlich die Sprachorgane in Ruhe lassen und den Sprachorganismus als solchen, den objektiven, außermenschlichen Sprachorganismus als solchen wirken lassen.
Dazu wird allerdings notwendig sein, dass wirklich wiederum eine gewisse Empfindung für dasjenige eintritt, was künstlerisch poetisch gut ist. Diese Empfindung muss aber gegen die Zukunft hin aus dem tiefsten Menschenherzen heraus gehen, weil zunächst die richtende Kraft, die früher vorhanden war, in der Gegenwart und in der nächsten Zukunft gar nicht mehr in demselben Maße vorhanden sein kann.
Man muss sich nur vorstellen, was in abgelebten Kulturepochen es bedeutete, wenn nun nicht in der Landessprache, sondern in der lateinischen Sprache die Messe zelebriert wurde, wenn zum Beispiel erklang das:
Pater noster, qui es in coelis:
Sanctificetur nomen tuum.
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua,
sicut in coelo, et in terra.
Panem nostrum supersubstantialem da nobis hodie.
Et dimitte nobis debita nostra, sicut et nos
dimittimus debitoribus nostris.
Et ne nos inducas in tentationem.
Sed libera nos a malo.
Amen.
Das gab Empfindung für Sprachgestaltung; das konnte nicht ohne Sprachgestaltung gesprochen werden. Diese Dinge, die in den alten Mysterien selbstverständlich waren, denn die Menschen waren sich bewusst, sie sind im Verkehre mit den Göttern, wenn sie sprachen,
diese Empfindungen müssen aus dem Innersten des Menschenherzens wiederum herausgeholt werden.
Wir müssen die Möglichkeit finden, nicht bloß zu denken, sondern innerlich zu sprechen. […] Man muss für das spirituell Lebendige des Wortes die Empfindung erleben, dann wird es wieder möglich sein, das echt Künstlerische der poetischen Gestaltung zu empfinden.“
Quelle: http://www.oling.ch/gmbh/kulturimpuls/
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